Zu den abartigsten Dingen, die für die Gesundheit propagiert werden, gehört meiner Ansicht nach der Konsum von eigenem Urin. Wäre noch durch fremden Urin zu toppen, okay. Aber was macht's für einen Unterschied?

Urin ist eine durch die Nieren aus dem Blut abgeschiedene Flüssigkeit, einzig zu dem Zweck, um giftige Stoffe (vor allem den Abfallstoff Harnstoff, Abbauprodukt der Eiweißverwertung) aus dem Körper zu entfernen. Harnstoff kann bestenfalls auf der Haut segensreich wirken, da es deren Feuchtigkeitsgehalt stabilisiert. Das geht aber auch mit Creme, und orale Aufnahme ist schon gar nicht vonnöten.

Neulich hörte ich als Argument, Urin enthalte wertvolle Nährstoffe ...

Die Natur hat mit der Niere ein perfekt funktionierendes Organ geschaffen, das alle Nährstoffe (Eiweiß, Fett, Zucker) zuverlässig zurückhält bzw. zurückgewinnt. Wer etwas davon in seinem Urin hat, ist krank.

Oder sind statt Nährstoffen Mineralstoffe gemeint?

Von den mit dem Blut in den Primärharn gelangten Salzen (ca. 1,2 kg in 180 Litern Flüssigkeit) werden weit über 99% zurückgewonnen, bevor der Urin die Blase erreicht. Wir verlieren täglich noch 8 Gramm, gelöst in ca. 1,5 l. Der überwiegende Teil dieser Salze ist Kochsalz, Natriumchlorid, von dem wir ohnehin meist zu viel zu uns nehmen und das wir mit der Nahrung reichlich (und appetitlicher) konsumieren können. Letzteres gilt auch für alle anderen Mineralstoffe, die vielleicht in winzigen Spuren die gelbe Brühe "bereichern".

Was steckt hinter der fixen Idee, Urin zu trinken?

Vor allem wahrscheinlich der Gedanke, sich für seine Gesundheit überwinden zu müssen, zu leiden. "Medizin muß bätter sein, sonst nötzt sie nächts", wie der unvergeßliche Professor "Schnauz" in der Feuerzangenbowle doziert. Einfach menschlich?

Vielleicht ist es immer noch Selbstkasteiung genug, auf manch übermäßiges Fett zu verzichten oder etwas mehr Gemüse oder Vollkornbrot zu essen.